Warum wird die Verwendung von Jod zur Vorbereitung auf eine Nuklearkrise empfohlen

Bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk – sei es durch eine Explosion, ein Leck oder eine Kriegsbeschädigung – gehört radioaktives Jod zu den ersten Substanzen, die in die Atmosphäre freigesetzt werden.

Wenn dieses radioaktive Jod in den Körper gelangt, kann es die Schilddrüsenzellen schädigen und Krebs verursachen.

Strahlung kann über die Atemwege oder durch die Haut in den Körper gelangen. Sie ist jedoch unsichtbar, geruchlos und geschmacklos, wodurch sie eine unsichtbare Gefahr darstellt.

Zu den schwersten Folgen einer hohen Strahlenexposition zählen Schilddrüsenkrebs, Tumore, akute Leukämie, Augenerkrankungen sowie psychische und mentale Störungen. Strahlung kann auch genetische Schäden verursachen, die über Generationen weitergegeben werden.

In den extremsten Fällen kann eine hohe Dosis Strahlung innerhalb von Tagen oder sogar Stunden tödlich sein.

Die Verwendung von Jod, insbesondere in Form von Kaliumjodid-Tabletten, wird zur Vorbereitung auf eine Nuklearkrise empfohlen, um die Schilddrüse vor radioaktivem Jod (Iod-131) zu schützen. Hier sind die wesentlichen Gründe:

Radioaktives Jod wird bei einem nuklearen Unfall oder einer nuklearen Explosion freigesetzt und kann über die Atemwege oder Nahrung in den Körper gelangen. Die Schilddrüse nimmt Jod aus dem Blut auf und speichert es, um Hormone zu produzieren. Radioaktives Jod kann sich daher in der Schilddrüse anreichern und durch Strahlung Schäden verursachen, die zu Schilddrüsenkrebs oder anderen Erkrankungen führen können.

Die Einnahme von nicht-radioaktivem Kaliumjodid (KI) sättigt die Schilddrüse mit stabilem Jod. Wenn die Schilddrüse bereits voll mit stabilem Jod ist, kann sie kein weiteres Jod, einschließlich des radioaktiven Iod-131, aufnehmen. Dies reduziert die Menge an radioaktivem Jod, das in die Schilddrüse gelangt, erheblich und verringert somit das Risiko von Strahlenschäden.

Kaliumjodid ist besonders effektiv, wenn es kurz vor oder unmittelbar nach der Exposition gegenüber radioaktivem Jod eingenommen wird. Die Schutzwirkung kann bis zu 24 Stunden vor der Exposition und einige Stunden nach der Exposition nützlich sein. Es ist wichtig zu beachten, dass Kaliumjodid nur einen spezifischen Schutz gegen radioaktives Jod bietet und nicht gegen andere radioaktive Substanzen oder Strahlungsarten.

Regierungen und Gesundheitsbehörden empfehlen oft die Bevorratung von Kaliumjodid-Tabletten in Gebieten, die in der Nähe von Kernkraftwerken oder in Regionen mit erhöhter Gefahr durch nukleare Unfälle liegen. Die Tabletten sind relativ kostengünstig und leicht zu verteilen, was sie zu einer praktischen Vorsorgemaßnahme macht.

Um eine rechtzeitige Einnahme der Tabletten zu gewährleisten, wurde ein Bevorratungskonzept entwickelt, das zwei Hauptbereiche umfasst:

1. Bevorratung in Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen: Hier sollen die Tabletten gelagert werden, damit sie bei Durchzug der radioaktiven Luftmassen während der Schulzeit rechtzeitig eingenommen werden können.

2. Persönliche Bevorratung zuhause: Personen unter 40 Jahren sollten die Tabletten zu Hause vorrätig haben, um jederzeit darauf zugreifen zu können. Besonders wichtige Zielgruppen wie unter 18-Jährige, Schwangere und Stillende können die Tabletten kostenlos in Apotheken beziehen. Personen im Alter von 18 bis 40 Jahren können Kaliumiodid-Tabletten zu einem geringen Preis in Apotheken erwerben.

Personen über 40 Jahre sollten keine Kaliumiodid-Tabletten einnehmen, da ihr Risiko für strahlenbedingten Schilddrüsenkrebs sehr gering ist, während das Risiko für schwere Nebenwirkungen durch die Jodzufuhr erhöht ist.

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Im Falle eines Reaktorunfalls schätzen die Strahlenschutzbehörden in Deutschland sofort die möglichen Auswirkungen ab. Dazu gehört insbesondere die Abschätzung der für Kinder und Erwachsene erwarteten Schilddrüsendosis. Erst wenn diese Dosen bestimmte Schwellenwerte überschreiten, wird die Einnahme von Kaliumiodid-Tabletten empfohlen.

Kaliumiodid-Tabletten dürfen nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Strahlenschutzbehörden eingenommen werden.

Personen unter 18 Jahren haben ein höheres Risiko, an strahlenbedingtem Schilddrüsenkrebs zu erkranken, als Erwachsene. Daher sollten unter 18-Jährige die Tabletten bereits bei niedrigeren erwarteten Schilddrüsendosen einnehmen als Erwachsene.

Selbst bei einem schweren, grenznahen Reaktorunfall ist es sehr wahrscheinlich, dass die Einnahme von Kaliumjodid-Tabletten nicht in ganz Deutschland notwendig sein wird. Eine Einnahme wird auch in solchen Fällen nur in den am stärksten betroffenen Gebieten erforderlich sein.

Im Falle eines Reaktorunfalls informieren die Strahlenschutzbehörden über Radio und TV, welche Personen Kaliumiodid-Tabletten einnehmen sollen und in welchen Regionen eine Einnahme notwendig ist.

Kaliumiodid-Tabletten schützen die Schilddrüse sehr wirksam vor der Aufnahme von radioaktivem Jod und damit vor strahlenbedingtem Schilddrüsenkrebs. Sie bieten jedoch keinen Schutz vor der Aufnahme anderer Radionuklide in den Körper oder gegen externe Strahlung von radioaktiven Stoffen in der Luft und am Boden. Um bei einem Reaktorunfall die Strahlenbelastung auch aus diesen Quellen möglichst gering zu halten, empfehlen oder ordnen die Strahlenschutzbehörden andere Maßnahmen an, wie Aufenthaltsbeschränkungen im Freien oder Vermarktungsverbote für kontaminierte Lebensmittel.

Sollte es in der Ukraine aufgrund der kriegerischen Handlungen zu einem Kernkraftwerksunfall oder dem Einsatz von Nuklearwaffen kommen, ist in Deutschland wegen der großen Entfernung zur Ukraine die Einnahme von Kaliumiodid-Tabletten nicht notwendig. Eine Einnahme von Kaliumiodid-Tabletten wäre nur bei einem schweren Kernkraftwerksunfall in grenznahen Regionen erforderlich.